Seit 1889 Blasmusik in Sulzbach

Musikverein »Edelweiß« gründete sich 1922

top shop (Main-Echo Verbrauchermagazin) – wir und unsere Vereine, 01. Juni 2006

Eine im Rathaus gefundene Rechnung von 1889 gibt einen ersten Anhaltspunkt für die Existenz einer Blasmusikkapelle in Sulzbach. Der Umzug von Josef Hirsch von Dornau nach Sulzbach im Jahr 1904 brachte eine musikalische Auffrischung. Vor der Gründung des Musikvereins im Jahre 1922 gab es bereits die »Kapelle Ziemlich«, die in und um Sulzbach musikalisch in Erscheinung trat. Der Musikverein »Edelweiß« (MVE) gründete sich 1922 unter dem Vorsitz von Valentin Fath aus zwei zuvor rivalisierenden Kapellen.

Musikalische Vielfalt
Heute steht der Musikverein Sulzbach mit einem Symphonischen Blasorchester, einem Jugendblasorchester, einem Vororchester, zwei Bläserklassen sowie zwei Gruppen in der Musikalischen Früherziehung außerordentlich gut da. Mit 130 Nachwuchsmusikern – das übertrifft in der Größenordnung manche öffentliche Musikschule – müsste man sich eigentlich keine Sorgen um die Zukunft machen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber, warum man sich beim MVE nicht auf diesen Lorbeeren ausruht: 1963 drohte dem Verein fast das »Aus«, als kurz hintereinander mehrere aktive Mitglieder, unter ihnen der damalige Dirigent J. Singer, verstarben. Nachwuchsbläser waren bis auf wenige Ausnahmen nicht vorhanden. Nur über die Gründung einer Jugendkapelle konnte der Verein gerettet werden. Der Verein hatte damals lediglich 97 Mitglieder, an Kosten für Instrumentenbeschaffung und -reparaturen entstanden über 9000 DM. Nur mit Mühe konnten die Mittel über Spenden und Zuschüssen beschafft werden. Der persönliche und finanzielle Einsatz trug gute Früchte: 1966 bereits errang die Jugendkapelle bei einem Wertungsspielen in Sand am Main einen 1. Rang. Ein Main-Echo-Zitat von damals: »Ebenso gingen viele Impulse auf Nachbarvereine über, so dass z. Zt. in vielen Gemeinden Jugendkapellen gegründet werden oder schon existieren.«

Auf die Jugend gesetzt und gewonnen sowie neue Wege eingeschlagen
Man hatte dazugelernt und ließ in der Folgezeit nicht nach, sich in der Jugendarbeit zu engagieren. Weitblick bewies der damalige Dirigent Dietmar Rehse, der frühzeitig erkannte, dass man neue Wege in der Musik finden musste, um die traditionelle Blasmusik weiter pflegen zu können. »Allein mit Märschen, Walzern und Polkas sind Jugendliche heutzutage nur schwer für die Blasmusik zu begeistern!« Man erkannte, dass sich die Jugend über moderne Blasmusik wieder an die traditionelle Blasmusik heranführen lässt. So begann Rehse frühzeitig, eine Mischung aus konzertanter, moderner und traditioneller Blasmusik zu pflegen und formte damit aus der eher traditionell orientierten Blasmusikkapelle ein symphonisches Blasorchester. 1996 übernahm Winfried Rehse den Dirigentenstab des Musikvereins von seinem Vater. Auch er arbeitet seitdem daran, nicht auf dem einmal erreichten Niveau zu erharren, sondern dieses allmählich zu steigern.

Neue Ausbildungs- und Einsatzkonzepte
p20060601Aus der großen Zahl von Nachwuchsmusikern ergeben sich auch spezielle Anforderungen an das Vereinsmanagement.
Im MVE hat man darauf reagiert, indem man einen eigenen Bereich »Bläserjugend« geschaffen hat, der sich gezielt um die Jugendarbeit kümmert. Dazu gehört auch, neue Ausbildungskonzepte auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen. So wurde z. B. vom MVE als erstem Verein in der Region das sehr erfolgreiche »Bläserklassen-Konzept« eingeführt, in dem Kinder und Jugendliche vom ersten Tag an gemeinsam in einem kleinen Orchester zusammen musizieren.
Natürlich legt der Verein großen Wert auf das Ablegen von Leistungsprüfungen und auf die Teilnahme an den weiterführenden Maßnahmen des Nordbayerischen Musikbundes, dem der Verein angeschlossen ist: Mitglieder des MVE waren Gründungsmitglieder des 1988 entstandenen Nordbayerischen Jugendblasorchesters und auch heute noch spielen Bläserinnen und Bläser in diesem renommierten Orchester mit.
Die Bemühungen haben sich gelohnt: Inzwischen hat das Symphonische Blasorchester mit 55 Musikerinnen und Musikern im Alter von 13 bis 63 Jahren seinen festen Platz in der Oberstufe gefunden. Auch das 33köpfige Jugendblasorchester konnte bei einem kürzlich stattgefundenen Wertungsspiel erstmals in der Mittelstufe mit dem Prädikat »mit ausgezeichnetem Erfolg teilgenommen« überzeugen.
Und im April wurde dem Musikverein Sulzbach für seine hervorragende Jugendarbeit sogar der »Junior-Award 2006« der Nordbayerischen Bläserjugend verliehen. Mit diesem Qualitätssiegel werden Vereine ausgezeichnet, die besonders innovativ und engagiert arbeiten und durch einen gut strukturierten Ausbildungsbereich die Zukunft ihres Vereines sichern.

Fazit des Vorsitzenden Hermann Seitz
»Man darf aber nun nicht glauben, dass wir ein elitärer Club für Möchtegern-Spitzenmusiker wären.
Wir sind immer noch ein Musikverein und die musikalische Leistung ist nicht das ausschlaggebende Kriterium dafür, dass jemand bei uns mitspielen kann. Viel wichtiger ist es für uns, inwieweit sich jemand auch sonst in den Verein mit einbringt: An Hochleistungsmusikern, die nur zu Proben und zu Konzerten erscheinen, bei Ständchen und Prozessionen aber mit Abwesenheit glänzen, sind wir nun überhaupt nicht interessiert.
Zudem legen wir Wert darauf, bei unseren Konzerten nur im Notfall auf die Verstärkung durch Musiker von außerhalb zurückzugreifen, zum Beispiel wenn es zu krankheitsbedingten Ausfällen kommt. Ansonsten gilt:
Wo Musikverein Sulzbach draufsteht, ist auch Musikverein Sulzbach drin…!«
Und dass das keine Mogelpackung ist, wird das Symphonische Blasorchester demnächst in Berlin beweisen, wo es beim »Köpenicker Blasmusiksommer« auftreten und die Zuhörer mit einem musikalischen Gruß vom Untermain begeistern wird.

Helmut Gesierich