Eine alte Mühle erhält ihre neue Aufgabe als vielseitige Stätte der Begegnung

Am Samstag eingeweiht -­ Spinnler: Vorgeschichte vergessen und uns einfach freuen

Main-Echo, 03. Juli 2000

Sulzbach. Nach langem Dornröschenschlaf erhält eine alte Getreide- und Ölmühle mit ihrem neuen Gesicht zugleich ihre neue Aufgabe als vielseitige Stätte der Begegnung. Im Rahmen einer Feierstunde im großen Saal wurde die Einrichtung am Samstagvormittag eingeweiht. Mit »Variazioni in Blue« von Jacob de Haan, gab der Musikverein »Edelweiß« Sulzbach unter Leitung von Winfried Rehse den schwungvollen Auftakt.

In seiner Festansprache gab Bürgermeister Hermannn Spinnler unter anderem kurze Einblicke in die Geschichte der alten Mühle sowie in den Werdegang vom Grunderwerb bis hin zur baulichen Vollendung und der künftigen Nutzung der drei Gebäudeteile. »Dass zu einer Gemeinde ein Rathaus mit Bürgermeister und Verwaltung gehört, versteht sich von selbst. Dass sie auch über ein Bürgerhaus verfügen soll, erscheint einigen keineswegs selbstverständlich.«

    Spinnler freute sich speziell über diejenigen Gäste, die dem Projekt Braunwarthsmühle bisher nicht unbedingt positiv gegenüberstanden. Mit Blick auf die zukünftige Nutzung des Bürgerhauses und die geschätzten Kosten in Höhe von 3,8 Millionen Mark, rief Spinnler dazu auf: »Wir sollten die nicht ganz einfache und nicht unumstrittene Vorgeschichte dieses Bürgerhauses möglichst rasch zu den Akten legen, wir sollten auch nicht von Siegern oder Besiegten sprechen, sondern wir sollten uns ganz einfach freuen, dass dieses Gebäude künftig als ein hoffentlich lebendiger Mittelpunkt unserer Gemeinde zur Verfügung steht. Es liegt an uns selbst, diese Chancen zu nutzen und dieses Haus mit Leben zu erfüllen. Schließlich wünsche ich, dass die Bereitschaft zu gelebter Solidarität mit diesem Bürgerhaus wächst, in einer Gemeinde, die wie die Braunwarthsmühle auf Tradition gegründet ist, sich aber trotzdem dem Fortschritt verpflichtet fühlt.«

»Alt mit neu vermischt«
Diplomingenieur Martin Schäffner vom gleichnamigen Architekturbüro in Aschaffenburg, ließ in einem Rückblick seine Eindrücke und Erlebnisse mit der alten Mühle, mit der er seit etwa acht Jahren in engem Kontakt steht, Revue passieren. Es sei für ihn neben der Konfrontation mit altem Gemäuer auch eine Herausforderung gewesen, alt mit neu zu vermischen und so eine bauliche Komposition zu schaffen. Als besonders positiv hob er hervor, dass sich anfängliche Meinungsverschiedenheiten im Gemeinderat im weiteren Verlauf zu konstruktiver Zusammenarbeit gewandelt hätten. In seiner Interpretation des Gebäudekomplexes ging er auf die multifunktionale Nutzung der Räume und Gegebenheiten ein. Nach dem Dank an alle beteiligten Fachbüros und Firmen übergab Schäffner einen symbolischen Schlüssel an den Bürgermeister.

    Die Segnung, die gemeinsam von Pfarrerin Doris Arlt (Hofstetten) und Pfarrer Norbert Geiger vorgenommen wurde, stellte Pfarrer Geiger unter den Leitsatz: »Wer mitmacht, erlebt Gemeinde…« In einer Gemeinde gebe es stets gegensätzliche Ansichten und Meinungen, jedoch müsse dabei immer das Wohl der Gemeinschaft im Mittelpunkt stehen. Nach Versen aus dem Evangelium wünschte Pfarrerin Arlt »Frieden für alle, die sich hier treffen und aufhalten.«

MdL Ludwig Ritter hob hervor, dass mit diesem neuen Bürgerhaus etwas für die Zukunft geschaffen worden sei, da die Zeit solche Entwicklungen fordere. Während sich früher ein großer Teil des Vereinslebens in Gasthäusern abspielte, gebe heute Vereinsheime, soweit sich die Vereine dies leisten können. Man müsse Begegnungsstätten schaffen, damit der um sich greifenden Vereinsamung entgegengewirkt werden könne. Da dies alles mit Kosten verbunden sei, riefen derartige Vorhaben stets Kritik hervor. Nach Vollendung sollte man es mit solcher Kritik jedoch bewenden lassen, denn »was ist heute nicht mit Kosten verbunden? Kommunen müssen gemeinsame Wege finden, auch wenn es Kosten verursacht.« Ritter betrachtete das neue Bürgerhaus als Abrundung der künftigen Bedeutung Sulzbachs nach Fertigstellung der neuen Mainbrücke.

Andreas Reis, Vorsitzender des Musikvereins »Edelweiß«, bedankte sich im Namen seiner 45 Aktiven für die Bereitstellung des Proberaumes. Nun müsse man nicht mehr zwischen einem Gasthaus und der Schulaula pendeln. »Die Braunwartshmühle ist ein Ort für sinnvolle Freizeitbeschäftigung junger Musiker«. Nach dem Lied der Franken, das den offiziellen Teil der Feierstunde beschloss, spielte die Kapelle noch zur Unterhaltung auf, während alle Anwesenden zum kalten Bufett geladen waren. Von 14 bis 18 Uhr hatten die Sulzbacher Bürger Gelgenheit, »ihr« neues Bürgerhaus zu begutachten.