Jubiläumskonzert des Musikvereins »Edelweiß« in Sulzbach bereits im Vorfeld ausverkauft
Main-Echo, 26. Mai 1998
Sulzbach. Alle Eintrittskarten waren bereits im Vorverkauf an die Liebhaber von Blasmusik vergeben, und vollbesetzt präsentierte sich die Aula der Volksschule Sulzbach, als der Musikverein »Edelweiß« mit seinem Jubiläumskonzert einen weiteren musikalischen Markstein setzte in Richtung 75. Gründungsfest. Im Verlaufe des fast dreistündigen Konzerts deckten die Sulzbacher Musiker beinahe alle Musiksparten der letzten beiden Jahrhunderte ab.
Der Musikverein »Edelweiß« will sich mit beidem befassen, dem Modernen und dem Altbewährten. Auf dem Programm standen deshalb neben originaler Blasmusik auch Bearbeitungen und Arrangements zeitgenössischer wie klassischer Werke. Anläßlich des 75. Vereinsjubiläums musizierten die Sulzbacher Musikanten mit vielen ehemaligen und noch aktiven Musikern des Vereins. Als Gastdirigent war Ernst Oestreicher, Bundesdirigent des Nordbayerischen Musikbundes und Leiter der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen, gewonnen worden. Reinhold Hohm moderierte die Veranstaltung in gewohnt lockerer, sach- und fachkundiger Manier.
Beifallsvorschuß gerechtfertigt
Unter langanhaltendem, starken Beifall nahmen Musiker und Dirigent ihre Plätze auf der Bühne ein. Im Verlaufe des Konzertes sollte sich dieser Beifallsvorschuß als durchaus gerechtfertigt erweisen. Mit der »Festlichen Musik« von Edmund Löffler, der im April dieses Jahres im Alter von fast 98 Jahren verstorben ist, wurde der Abend eröffnet. Löffler, der gleichermaßen in Dettingen am Main wie in New York zu Hause war, sagte von sich: »Ich bin mit der Musik verheiratet!« Und es war förmlich zu spüren, daß er in seiner Musik voll aufging. Die »Second Suite in F« über vier Sätze von Gustav Holst schloß sich an. Der »Marsch« war ausgewogen bei einer homogenen Themenführung in Tenorhorn und Saxophon. Ein einfühlsamer, fast melancholischer Vortrag war das »Lied ohne Worte« im Gegensatz zum »Lied des Schmiedes«, das sich schwungvoll und präzise rhythmisch darstellte. Ganz anders wiederum die »Phantasie von Dargason« mit ihren schottisch-volksliedhaften Klängen im tänzerischen Charakter, von der Piccolo-Flöte bis zur Tuba sehr nuanciert gezeichnet. Insgesamt stellte das Stück hohe Ansprüche an das Orchester.
Auf Dreivierteltakt-Woge
Mit dem Stück »Firmament« wurde Rolf Rudin, ein noch sehr junger Komponist, zu Gehör gebracht. Spannungsreich und sehr differenziert, von gewaltig-kraftvoll bis verspielt, vermittelte es für manche Zuhörer ein ungewohntes Klangbild. Auf einer großen, eindrucksvollen »Dreivierteltakt-Woge« wurde man mitgenommen von Wien über Budapest bis zur Mündung ins Schwarze Meer beim Walzer »An der schönen blauen Donau«, von Johann Strauß (Sohn), dem unbestrittenen »Walzerkönig«. Vor der Pause wurde der »Slawische Tanz Nr. 8« von Antonin Dvorak aufgeführt mit einer überzeugenden Dirigentenleistung, die den Schluß zuläßt: Slawische Musik scheint Ernst Oestreicher besonders zu liegen.
Die »Sulzbacher Jubiläumsfanfare« eröffnete den zweiten Teil des Konzerts. Sie wurde eigens fürs 75. Gründungsfest von Andreas Reuß, einem Kirchenmusiker aus Sulzbach, komponiert eine großartige und eindrucksvolle Leistung. Als Gruß aus dem Baskenland, von der befreundeten Kapelle »Zarpai Banda« in Hendaye, wurde die »Rhapsodie Basque Nr. 1« aufgeführt. Unverwechselbar fanden sich in diesem Stück viele Passagen baskischer Volksmusik wieder, wobei die ständigen Tempiwechsel und asymmetrischen Taktarten nur durch eine gute, präzise Kommunikation zwischen Dirigent und Orchester zu bewältigen waren.
Eine Zusammenstellung von Melodien des Musicals »Das Phantom der Oper« von Andrew Lloyd Webber setzte einen Glanzpunkt in der Programmfolge. Es steht vielfach noch die Behauptung im Raum, »Rhythmik und Blasmusik passen nicht zusammen«. Orchester und Dirigent lieferten mit »Enjoy The Music« von Thomas Doss einen eindrucksvollen und nachhaltigen Gegenbeweis. In der Rocknummer »Music Was My First Love« von John Miles wechselten sich getragene mit lebhaften Passagen ab. Den Abschluß des offiziellen Teiles markierte der schmissige »Radetzky-Marsch« von Johann Strauß (Vater), der von Musikern und Dirigent gleichermaßen nochmals Höchstleistungen abverlangte.
Kräftiger Applaus
Als Zugabe nach langanhaltendem Beifall gab es Auszüge aus der Filmmusik von »Lawrence Of Arabia«. Den Schlußpunkt der Veranstaltung setzten Ehrendirigent Dietmar Rehse und das Orchester mit dem »Bayern-Marsch«. Das Publikum bedachte die Darbietungen jeweils mit langem, kräftigem Applaus als Anerkennung für diese hervorragende musikalische Gesamtleistung. Ein Konzert, das einmal mehr zeigte, daß langfristig angelegte, musikalisch gezielte Aufbauarbeit mit jungen Menschen zum Erfolg führt. Die Saat des Ehrendirigenten Dietmar Rehse, über nahezu drei Jahrzehnte Dirigent und Betreiber konsequenter Jugendarbeit mit Qualitätssicherung, ging auf und trägt nun reichlich Früchte.
Nachzutragen bliebe noch, daß sich die Vorbereitung auf dieses Konzert über ein Jahr erstreckte und in den bewährten Händen von Winfried Rehse lag. Das Orchester umfaßte 48 Mitwirkende in einer Altersspanne von zwölf bis 72 Jahren.
helge