Bundesmusikfest und 75. Jubiläum: »Edelweiß« feiert mit Pauken und Trompeten

Über 40 Kapellen machen Sulzbach für vier Tage zum »Blasmusikzentrum« Unterfrankens

Main-Echo, 03. Juni 1998

Sulzbach. Vom 5. bis 8. Juni feiert der Musikverein (MV) »Edelweiß« sein 75jähriges Bestehen. Aus diesem Anlaß richtet er das Bezirksmusikfest des Nordbayerischen Musikbundes (NBMB) aus, zu dem sich bislang über 40 Kapellen aus ganz Unterfranken angemeldet haben. Auch Musiker aus Hessen und eine tschechische Spitzenkapelle haben ihre Teilnahme zugesagt.

Der MV »Edelweiß« knüpft an diese Großveranstaltung die Erwartung, daß sie eine Werbung für die Blasmusik wird – speziell auch für die Jugend. Festpräsident ist der Zweite Bürgermeister des Marktes Sulzbach, Reinhard Moraw. Als »musikalische Wegweiser« gingen dem Fest bereits drei Veranstaltungen voraus: im März der Jazzfrühschoppen und im Mai ein Ehrenabend und das Jubiläumskonzert.

Wendelin Hasenstab heute: Der 93jährige Mitbegründer des Musikverein "Edelweiss" Sulzbach wurde beim Ehrenabend zum 75. Vereinsjubiläum besonders geehrt
Wendelin Hasenstab heute: Der 93jährige Mitbegründer des Musikverein „Edelweiss“ Sulzbach wurde beim Ehrenabend zum 75. Vereinsjubiläum besonders geehrt

Eine im Rathaus aufgefundene Rechnung von 1889 gibt einen ersten Anhaltspunkt über die Existenz einer Blasmusik in Sulzbach. Der Umzug von Josef Hirsch von Dornau nach Sulzbach im Jahr 1904 brachte musikalisch Leben in die Gemeinde. Vor der Gründung des Musikvereins im Jahre 1922 gab es bereits die »Kapelle Ziemlich«, die nach Angaben des 1981 im Alter von 93 Jahren verstorbenen Josef Ziemlich in und um Sulzbach musikalisch in Erscheinung trat. Handgeschriebene Noten aus jener Zeit übergab Josef Ziemlich kurz vor seinem Tode dem damaligen Dirigenten Dietmar Rehse. Weitere schriftliche Belege oder Bilder sind kaum vorhanden.

Zwei Kapellen vereint
Der Musikverein »Edelweiß« gründete sich 1922 unter dem Vorsitz von Valentin Fath aus zwei damals bestehenden Kapellen. Unter dem ersten Dirigenten Paul Usinger aus Erlenbach probten die Aktiven zunächst privat bei Josef Hirsch, später in den Gasthäusern »Rose«, »Krone« und »Sonne«. Schon bald nach der Gründung entstand unter der Leitung des neuen Dirigenten Wilfried Bergmann ein beachtlicher Klangkörper.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich wieder reges Vereinsleben. Bereits am Fronleichnamstag 1945 erklang unter Leitung von Linus Fries wieder Prozessionsmusik. Fries war es auch, der am 2. Weihnachtsfeiertag 1945 alle in Sulzbach lebenden Musikanten, auch Heimatvertriebene, zu einer ersten Generalversammlung in seiner Wohnstube zusammenrief, wo der Verein  den bereits bestehenden Namen »Edelweiß« festschrieb. Auf Verlangen der amerikanischen Besatzungsmacht stellte man eine Tanzkapelle zusammen und spielte unter Leitung von Linus Fries des öfteren im Gasthaus »Engel« auf.

Auf die Jugend gesetzt
Durch konsequentes Proben unter Linus Fries (bis 1949) und Julius Singer (bis 1962) konnte die musikalische Leistung beachtlich gesteigert werden. Als in den Jahren 1962/63 mehrere aktive Musiker starben und es nur wenige Nachwuchsspieler gab, schien der Bestand der Kapelle gefährdet. Zur Existenzsicherung entschloß sich der damalige Vorstand unter Vorsitz von Karl Schmitt, eine Jugendkapelle zu gründen. Durch eine in der Vereinsgeschichte beispiellose »Geldbeschaffungsaktion« gelang die Finanzierung der benötigten Ausrüstung, und ab September 1963 probte die neue Jugendkapelle wöchentlich. Die sogenannte »aktive Kapelle« bestand bis 1967 zwar noch auf dem Papier, aber in der Praxis bewährte sich die Jugend (bis heute) bei allen kirchlichen, weltlichen und vereinsinternen Veranstaltungen.

1967 legte Alfons Durschang gesundheitsbedingt den Dirigentenstab nieder und Dietmar Rehse, der bereits seit 1963 in der Trompeterausbildung tätig war, übernahm die Leitung. In den Folgejahren bis heute wurde konsequent Jugendausbildung betrieben. Als noch niemand von »musikalischer Früherziehung« sprach, gab es in Sulzbach bereits eine Blockflötengruppe, in der »musikalische Grundausbildung« vermittelt wurde. Von 1978 bis 1984 wurde eine zweite Jugendkapelle unter Beteiligung von Nachwuchsmusikern aus den umliegenden Gemeinden aufgestellt, die bereits 1987 von der nächsten Formation abgelöst wurde. Zur Zeit sind 24 Kinder aus Sulzbach in Einzel- und, zusammen mit Kindern aus Dornau und Ebersbach, in Gruppenausbildung. Auch der »Kontakt nach außen« wurde gesucht und gepflegt. So bestehen unter anderem seit 20 Jahren partnerschaftliche Beziehungen nach Frankreich, zur »Zarpaï Banda« aus dem baskischen Hendaye.

Dietmar Rehse drängte auf die alljährliche Teilnahme am Wertungsspiel. Je eine Rundfunk- und Schallplattenaufnahme erhöhten die Motivation der Musiker. National und auch international erzielte man von 1965 bis heute hervorragende Plazierungen. Mit ebenfalls ausgezeichneten Bewertungen beteiligten sich Mitglieder der Kapelle an den Wettbewerben zum »Jugendkulturpreis des Landkreises Miltenberg« sowie »Jugend musiziert«. In den Jahren 1993 bis 1996 übernahm Winfried Rehse Schritt für Schritt das Amt des Dirigenten von seinem Vater Dietmar. Erst kürzlich überzeugte sich der Bundesdirigent Ernst Oestreicher während des Jubiläumskonzerts vom hohen Leistungsstand der Sulzbacher Musiker.

Infos über Internet
Der MV »Edelweiß« Sulzbach besitzt seit geraumer Zeit eine eigene Internetseite unter »http://www.hotspot.de/mvs«, über die alle aktuellen Vereinsinformationen, auch rund ums Jubiläumsfest, abgerufen werden können.

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