Beeindruckendes Konzert des Sulzbacher Musikvereins »Edelweiß«
Main-Echo, 31. März 2004
Sulzbach. Das Interesse der Jugend an Blasmusik hat beim Musikverein »Edelweiß« zu einer erstaunlichen Entwicklung geführt. Die Arbeit des Leiters Winfried Rehse hat sich gelohnt, die Richtung ist klar: hin zu anspruchsvoller konzertanter Literatur, ohne die klassische Sparte zu vernachlässigen. Der Verein lud am Sonntag unter dem Motto »Das Konzert 2004« mit einem Programm aus Opern, Musicals und Konzertstücken ein, um den Leistungsstand des Nachwuchses und des sinfonischen Blasorchesters unter Beweis zu stellen.
Rund 450 Zuhörer füllten die Main-Spessart-Halle. Es kann vorweg genommen werden: Die Gäste erlebten über zwei Stunden hinweg technisch ausgereifte sinfonische Blasmusik.
Konzentriert stieg das 37-köpfige Jugendblasorchester ins Programm ein. Es intonierte die »Spanish Overture« von Andrew Watkins – sicher in der Melodie, einmal hymnisch, dann rhythmisch, exakte Tempiwechsel.
Unter der umsichtigen, fordernden Leitung Winfried Rehses bewältigten die Jungmusiker – mehrheitlich Mädchen – recht dynamisch den Rhythmus des »Pathfinder«-Marschs des Zeitgenossen Philip Sparke, wobei Trompeten und Schlagwerk massiv zum Einsatz kamen. Es wird nicht lange dauern, dann können weitere Jugendliche ins Orchester nachrücken.
Ein Zeichen setzte das sinfonische Blasorchester mit dem Titel »Signatur« von Jan von der Roost als Einführungsstück (Anm. des Webmasters: Korrekt lautet der Name des Stückes „Signature“ und der Name des Komponisten „van der Roost“). Das Auftragswerk beginnt mit Fanfarenklängen, enthält Choräle und führt in sich steigernden Melodienbögen zu einem mächtigen Forte. Es folgte das siebensätzige Werk »Die Abenteuer des Don Quixote« von Hans-Werner Henze. Der Dirigent deutete die Komposition in allen Facetten aus.
Das Orchester musizierte technisch reif, homogen, reagierte sensibel im Einsatz und erzeugte ein individuelles Klangbild. Don Quixotes Schicksal wird hier musikalisch beschrieben und wurde vom Ensemble überzeugend umgesetzt. Das Werk beginnt mit Klassik im Stil Leopold Mozarts und enthält Nuancen spanischer Musik mit unterschiedlichen Taktfolgen und Tempiwechseln.
Sauberes Wechselspiel
Im zweiten Teil des Konzerts setzte die Formation mit der »Carmen Suite Nr. 1« (George Bizet) einen Glanzpunkt (Anm. des Webmasters: Korrekterweise ist anzumerken, dass die »Carmen Suite» das letzte Stück des ersten Konzertteils war; aber in Anbetracht des Ergebnisses ist das völlig unerheblich…). Das sechsteilige Arrangement lässt die Melodien Bizets zur Geltung kommen: vom salbungsvollen Präludium über Zwischenspiel, von boleroartigen Tanzrhythmen bis hin zum fulminanten Schluss. Sauber das Klangbild und die Wechselspiele zwischen Flöten und Klarinetten. Dietmar Rehse vermittelte mit Witz Informationen zu Titeln und Komponisten.
Die Verbindung zwischen Oper und Filmmusik stellt die »African Symphony« von van McCoy her. Ein Standardwerk amerikanischer Prägung. Die Forderung nach Bläsereinsatz aller Register und kräftigem Schlagwerk im Big-Band-Sound wurde voll erfüllt. »Out of Africa« ist eine Filmmusik, komponiert von John Barry, der durch seine James-Bond-Titel bekannt ist. Eine teils melancholische, teils hymnenhafte Melodie, die in ihren Motiven steigernd ausgereizt wird und sich dann harmonisch auflöst.
Andrew Lloyd Webbers Musical »Cats« hat Johan de Meij in Kurzform als Medley für Blasmusik umgeschrieben. Die amerikanischen Elemente sind mit dem Ohrwurm »Memory« verschmolzen. Dem Orchester gelang eine sehr gefühlvolle Wiedergabe.
Mit der »Sinfonia per un Addio« von G. P. Reverbergi (Anm. des Webmasters: Korrekt lautet der Name „Reverberi“) ging das Konzert ins Finale über. Nachgemachte Klassik ist hier mit moderner Musik versetzt. Das erinnert an Rondo Veneziano. Ein geschmeidig umgesetzter Titel, der nach Xylofonpassage in einem kräftigen Forte endete.
Dass ein Marsch nicht fehlen darf, haben die Programm-Macher berücksichtigt. Deshalb markierte der locker gespielte »Radetzky-Marsch« das Konzertende. Weit gefehlt: Langer Beifall und standing ovations führten zu Zugaben.
Lothar Eisenträger