Nordbayerisches Jugendblasorchester in Sulzbach
Bayerische Blasmusik, Juli 2003
Anm. des Webmasters: Es folgt ein Bericht über das am 22. Juni 2003 in Sulzbach stattgefundene Konzert des Nordbayerische Jugendblasorchester. Dieses wurde vom Musikverein Sulzbach anlässlich seines 80-jährigen Jubiläums initiiert und in Zusammenarbeit mit dem Kulturausschuss des Marktgemeinde Sulzbach veranstaltet. Der Musikverein Sulzbach ist besonders stolz auf die Tatsache, dass seit Gründung dieser Formation immer auch Musiker aus unseren eigenen Reihen in diesem Orchester vertreten waren (bei diesem Konzert nahm z. B. unsere Maria Rehse an der Klarinette teil). Der nachfolgende Bericht erschien auch in einer modifizierten Version am 24.06.2003 im Main-Echo.
In der Sulzbacher Main/Spessart-Halle stimmte einfach alles: Die Halle war gut besucht, festlich geschmückt und die über 60 jungen Musiker/innen des Nordbayerischen Jugendblasorchesters (NBJBO) ließen von Anfang an erkennen, dass sie mit großer Spielfreude und in beeindruckender Harmonie ihr Programm in Angriff nehmen wollten.
Erstaunlich, dass fast die Hälfte des großen Orchesters aus jungen Frauen besteht – ein Beleg für die gute Nachwuchsarbeit, die seit Jahren in den Musikvereinen betrieben wird. Der Jubilar des Abends, der Musikverein Edelweiß Sulzbach, ist ein gutes Beispiel und auch ein Beweis dafür, dass der NBMB mit seinem Ausbildungskonzept auf dem richtigen Weg ist. Orchesterleiter Ernst Oestreicher verkörpert diesen guten Ansatz geradezu. Als Bundesdirigent gehörte er vor 15 Jahren zu den Gründern des Orchesters und leitet unter anderem die zur staatlichen Anerkennung führenden Dirigentenlehrgänge.
Flüssige Übergänge
Die Harmonie im Orchester der jungen Künstler in den Trachten ihrer Heimatvereine zwischen Oberpfalz und Unterfranken ließ auf ein langes Zusammenspiel schließen, so stimmig waren die Einsätze, so flüssig die Übergänge und so exakt die Reaktionen auf das zwar temperamentvolle, aber immer klare und nie der Selbstdarstellung verpflichtete Dirigieren Oestreichers.
Anspruchsvoll auch für die Zuhörer das Programm des ersten Teils: Sehr differenziert, mit kraftvollen Akzenten und einer fast sieghaften Aufgipfelung am Ende erklang Hindemiths Marsch aus den »Symphonischen Metamorphosen«. Ein Höhepunkt: Das »Concertino für Marimbaphon und Blasorchester«, ein dreisätziges Werk, das ganz temperamentvoll beginnt, meditativ im zweiten Satz wird und rasant und beeindruckend virtuos endet – eine wirklich schweißtreibende Angelegenheit für den technisch perfekten und ausdrucksstarken Solisten Wolfgang Schniske, der zu Recht vom ganzen Orchester Beifall erhielt.
Filigrane Instrumentierung
Mit »Pauken und Trompeten« begann Bertold Hummels »Finale Concertante«, der letzte Satz mit einem eher rauen Ton. Nicht von ungefähr verarbeitete der Würzburger Komponist in diesem Satz ein altes Landsknechtlied. Vor der Pause dann noch anspruchsvolle Programmmusik und Stimmungsmalerei mit »Stormworks« von Stephen Melillo. Die Musiker beherrschten die filigrane Instrumentierung perfekt, zeigten große Präzision bei den oft schwierigen Einsätzen und gestalteten die Dynamik stimmig aus.
Nie pathetisch oder süß
Nach der Pause zeigten die jungen Künstler, was man aus eher populären Kompositionen machen kann. In Johan de Meijs 1. Satz aus seiner Sinfonie »Der Herr der Ringe« hörte man Gandalfs Schimmel leibhaftig über die Bühne galoppieren, das »Nessun dorma« von Giacomo Puccini aus »Turandot« begeisterte mit seinem feierlichen Ton, der nie pathetisch oder süßlich wirkte, und Dmitrij Schostakowitschs »Jazz Suite Nr. 2« riss die Zuhörer mit ihrem überschäumenden Temperament und der technischen Brillanz des Vortrags zu wahren Beifallsstürmen hin.
Das Paradestück
Als Höhepunkt, von Oestreicher zu Recht als »Paradestück des Orchesters« angekündigt, erklang ein gut 15-minütiges Medley aus dem Musical »Phantom der Oper« in der genialen Bearbeitung von Johan de Meij. Die Themen wanderten elegant durch die verschiedenen Register, und die Übergänge wiesen keine einzige Bruchstelle auf. Mit »Hard to say I’m sorry« und einem schönen Saxophon-Solo endete das offizielle Programm, dem noch eine Reihe von Zugaben folgte, die das begeisterte Publikum in Sulzbach erklatschte.
Nach gut zwei Stunden war ein Galakonzert zu Ende, nach dem sich – wie nicht nur Bürgermeister Hermann Spinnler feststellte – das Nordbayerische Jugendblasorchester mit besten Aussichten an weitere Aufgaben heranwagen darf. Wer die jungen Künstler und ihren Leiter Ernst Oestreicher in Sulzbach gehört hat, traut ihnen wirklich alles zu!
Dr. Heinz Linduschka