Blasmusik: Sulzbacher proben mit Joachim Pfannschmidt für Jahreskonzert am 25. März in der Main-Spessart-Halle
Main Echo, 15. März 2012
Sulzbach/Eschau-Hobbach Hornist: »Versuchen wir das Ganze mal im Zweiachteltakt. « Dirigent: »So langsam? « Hornist: Nein, leiser, aber nicht langsam. « – Samstagnachmittag. Aus dem Pavillon des Schullandheims in Hobbach ertönt Mozarts Konzert Nr. 2 in Es-Dur für Horn und Orchester.
Das Symphonische Blasorchester und das Jugendblasorchester des Musikvereins Sulzbach proben mit Joachim Pfannschmidt, Gastsolist des Konzerts, das am 25. März über die Bühne der Main-Spessart-Halle geht. Zwei Wochenenden davor wird das Repertoire intensiv einstudiert. Am Vormittag waren die Registerproben, jetzt spielt das Orchester unter der Leitung von Winfried Rehse. Der weiß: »Der Solist hat immer Recht. « Seine rund 50 Musiker versucht er daher so zu lenken, dass sie den Hornsolisten nur begleiten. Gleichzeitig muss er als Dirigent wissen, bei welchen Passagen er das Orchester nicht ausbremsen darf – ein musikalischer Balanceakt.
Stelle mit Kuscheleffekt
»Mir ist da eine Stelle aufgefallen. « Auf der einen Seite knapp 50 zwar in der Oberstufe spielende, aber dennoch Freizeitmusiker, auf der anderen Joachim Pfannschmidt, Solo-Hornist am Kasseler Staatstheater. Der Profi hat den elegischen Mittelteil, das ruhevolle Andante nach dem einleitenden Allegro maestoso, unterbrochen. »Wir brauchen einen Farbwechsel: Es ist wie wenn man einen Berg hochsteigt und noch nicht weiß, was oben ist. « Der 34-Jährige bläst vor und erklärt dann: »Es ist im Jagdstück die einzige Stelle mit Kuscheleffekt. Den will ich haben. « »Mozarts Melodien sind eingängig und erscheinen so leicht. Aber dessen spezifischen Ausdruck und Klang spielerisch hinzubekommen, ist sehr schwierig. « Pfannschmidt weist auf bestimmte Regeln hin, in der Musik als Phrasierung bezeichnet: Lautstärke, Artikulation, Rhythmik und Pausensetzung müssen stimmen. Daran zeigt sich, ob ein Musiker sein Instrument wirklich beherrscht. »Die Spannung muss sich hinziehen. Wenn ich nicht spiele, müsst ihr loslegen, präzise und klar. Wenn ich spiele, müsst ihr euch zurückhalten. « Dieser Appell geht an die Altsaxofonisten und Klarinettisten.
Tippgeber und Mutmacher
Bereits am Vormittag haben die einzelnen Instrumentengruppen an Feinheiten gefeilt, was in der kompletten Besetzung nicht möglich wären. Annika Kluin, Elena Mühleck, Johannes Sommer und Markus Hein haben Joachim Pfannschmidt dabei schon kennengelernt. Einig sind sich die jungen Hornisten des Musikvereins, dass der Profimusiker ihnen viele gute Tipps gegeben und Mut gemacht hat, kräftig ins Horn zu blasen. Sie freuen sich auf das Konzert. »Das wird toll «, meint Markus, der einzige Schlagzeuger unter den Hornisten. Noch nie haben alle sieben Hornisten des Musikvereins zugleich auf der Bühne gestanden. »Jetzt sind wir total aus dem Rhythmus gekommen. « Diesmal unterbricht der Dirigent das Spiel. »Ihr müsst ohne Bruch und Tempoverlust drüber weg. « Musiker greifen wieder zu ihren Instrumenten. Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren. Wenn Dirigent und Solist sich aufeinander einstimmen, kann das durchaus Konfliktpotenzial haben. Nicht so bei Rehse und Pfannschmidt. Die Musiker kennen sich von früher.
Konzert mit besonderer Note
Der Kontakt zum Musikverein Sulzbach kam durch Vereinsvorsitzenden Markus Rehse zustande. Beide sind fast gleichaltrig, Pfannschmidt ist Jahrgang 1977, Rehse 1975. Beide lernten sich 1992 beim C2-Lehrgang, einem Fortbildungsangebot des Nordbayerischen Musikbundes kennen. Beide musizierten sie mit Dirigent Winfried Rehse im Nordbayerischen Jugendblasorchester. Das war 1995. Über 15 Jahre später erinnerte sich Markus Rehse seines »alten Kollegen « und stieß bei der Internetrecherche auf das Staatstheater in Kassel. Für das große Jahreskonzert ist Markus Rehse immer auf der Suche nach etwas Besonderem. »Wir wollen dem Publikum, aber auch unseren Musikern etwas Neues bieten. « Joachim Pfannschmidt sagte sofort zu. Während es die Sulzbacher Musikanten als eine Art Geschenk betrachten, von einem Profi lernen zu können, ist es für den Solisten eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. »Früher konnte ich mir nie vorstellen, mit Streichern zu spielen. Ein Symphonisches Blasorchester, das war für mich das Größte. « Stunden später sind Solist und Dirigent zufrieden: »Immer wenn Bewegung ins Spiel kommt, wird es tänzerisch. Jetzt sind wir von Mozart gar nicht mehr so weit weg «, lobt Rehse. Joachim Pfannschmidt gibt zu, dass er als Solist durchaus seine Interpretation eines Werkes durchsetzen will. »Ich habe ganz klar meine eigenen Vorstellungen. « Und Winfried Rehse weiß, dass ein kluger Dirigent seinen Taktstock auch mal nachgibt: »Der Solist gibt den Ton an. «
Sylvia Breckl