Konzert des Musikvereins »Edelweiß« Sulzbach – Akteure glänzend disponiert
Main-Echo, 02. Mai 2002
Sulzbach. Der Musikverein »Edelweiß« Sulzbach beschränkt sich nicht auf die Begleitung örtlicher Anlässe. Wertungsspiel und Kontakt zu Nachbarvereinen sind ihm wichtig. Zwei Auftritte im Jahr aber sind für ihn Gradmesser seiner Leistungsfähigkeit: das Wunschkonzert im Herbst und das Frühjahrskonzert, das den Stand der Arbeit vermitteln soll.
So bot das Orchester am Sonntagabend in der fast vollbesetzten Schulaula ein stark an konzertanter Musik orientiertes Programm, ohne den Marsch ganz auszuschließen.
Das Debüt des neu formierten 29-köpfigen Jugendorchesters bewies, dass es ein Nachwuchsproblem nicht gibt. Dirigent Winfried Rehse forderte von den Jugendlichen im Eingangstitel »Cancan« von Jacques Offenbach eine leicht-lockere Gangart des Revuetanzes, dem die Aspiranten aufmerksam folgten. Die Einsätze waren zwar verhalten, doch korrekt. Und die Jungmusiker entwickelten eine erstaunliche Rhythmik und Dynamik. »Sun Calypso«, eine Art Rumba, arrangiert von Luigi di Ghisallo, wurde in gleicher Weise bewältigt. Dankbarer Beifall ermunterte zu einer Zugabe, bei der sich die Zuhörer erneut von der guten Abstimmung zwischen Bläsern und Schlagzeug überzeugen konnten.
Der »Marsch der Medici« (Johan Wichers) war ein geeigneter Titel für das große Blasorchester, um mit fließender Wiedergabe ins Hauptprogramm einzusteigen. Die amerikanische Komponistin Clare Grundman hat Lieder aus dem Sezessionskrieg verarbeitet. In den miteinander ringenden Melodien hatten die Musiker die Aufgabe, Aufmarsch, fernes Grollen, aber auch Trauer und Zapfenstreich bis hin zum gewaltigen »Glory, glory Hallelujah« nachzuzeichnen, wozu ihnen Dirigent Winfried Rehse umsichtig, auf imaginäre Bewegungen vollkommen verzichtend, aber absolut souverän verhalf. Unter seiner Leitung ist das Stück »The Blue And The Gray« in seiner Charakteristik vortrefflich herausgearbeitet worden. Flügelhorn und Saxofon gefielen in ihren Parts.
Wechselnde Tempi, teils einstimmig, aber auch mit betontem Forte kennzeichnen das »Concert Variations« von Claude T. Smith. Hier zeigte das Orchester eine technisch reife Gesamtleistung. Die Querflötistin Anna-Lena Höcker spielte einen sauberen Solopart.
Auf Big Band ausgerichtet
Die Instrumentierung des Blasorchesters ist betont auf Big Band ausgerichtet. Kein Wunder, dass in »Polka und Finale« aus der Oper »Die verkaufte Braut« von Bedrich Smetana auch ein Kontrabass zum Einsatz kam – eine sprühende Polka, in der das Grundthema eines böhmischen Volkstanzes das Publikum in seiner Frühjahrsstimmung beflügelte.
Vom zeitgenössischen Komponisten Manfred Schneider stammt der Titel »Teamwork«. Neben bibgandartigen Einlagen enthält der Mittelteil Blasmusik-Melodien, die hohe technische Anforderungen an das Orchester stellten. Die Wiedergabe lebte vom sensiblen Wechsel zwischen Drive und dessen Rücknahme.
Besondere Erwähnung verdient »Brasil Tropical«, Arrangeur Hans-Egon Häusser, mit seinem Sambarhythmus. Die Kapelle erzeugte einen südamerikanischen Sound, bei dessen Besonderheiten Blech und Holz gleichermaßen gefordert waren, besonders aber das Schlagwerk.
Die Richtung des Musikvereins wird weitgehend vom »Team Rehse« bestimmt. Während Winfried Rehse dirigiert, ist Vater Dietmar als Mitglied des hohen Blechs auch »Öffentlichkeitsarbeiter«. Seine Kommentare waren wertvolle Hinweise über Charakteristik und Entstehen der Kompositionen.
Als Dreingabe demonstrierten vier Schlagzeuger an kleinen Trommeln, wie man mit Holzschlägen synchron Takt schlagen kann, nur den Trommelrand berührend oder Holz gegen Holz.
Im Finalteil erlebte das Publikum »Highlights from Les Miserables« aus dem gleichnamigen Musical. In fünf Liedern ist darin das Gute und Böse thematisiert. Einmal drängend, dann lyrisch, befehlend oder auch einfühlsam oder mitreißend musste das Orchester den wechselnden Taktarten, dem drängenden oder verhaltenen Rhythmus gerecht werden. Schließlich war »The Exodus Song«, die Titelmelodie des Films »Exodus«, ein gebührender Abschluss für einen glänzend disponierten Klangkörper, zumal gerade hier die hohen Bläsergruppen stark dissonante Passagen souverän meisterten.
Mit Markus Hein wächst offenbar ein großes Talent heran. Bereits an drei Instrumenten eingesetzt, bearbeitete er im Schlusstitel »Happy Mallets« das Xylofon in einer Art Schnellpolka in mitreißender Virtuosität. Für die dargebotenen Leistungen dankten die Zuhörer mit lang anhaltendem Beifall, wofür sich das Orchester mit Zugaben revanchierte.
L. E.